#09 Pilgern auf dem Jakobsweg - mein Weg zu guten 100+ Jahren

Shownotes

„Der Weg zeigt dir genau, wo du stehst – körperlich, mental und seelisch.“ Vielleicht spürst du nach dem Hören: Der nächste Schritt auf deinem Weg könnte auch ein ganz besonderer sein.

In dieser sehr persönlichen Podcastfolge von How to Enjoy 100+ nehme ich dich mit auf meine Pilgerreise entlang des portugiesischen Jakobswegs bis nach Santiago de Compostela. Ich erzähle dir, wie diese tägliche körperliche und mentale Herausforderung nicht nur meine Muskeln, sondern auch meinen Geist und meine Seele gestärkt hat:

00:00 Was den Unterschied zwischen Wandern und Pilgern ausmacht

  • Wie dein Körper sich regeneriert, wenn du ihn lässt
  • Wie sich deine Gedanken verändern, wenn du stundenlang gehst
  • Was der Jakobsweg mit innerer Ruhe, mentaler Klarheit und Lebensfreude zu tun hat
  • Und warum es für jeden einen passenden Weg gibt – sogar mit Hund oder Pferd

10:27 Was es braucht loszuwandern

19:17 Wie du neue Wanderroutinen findest

27:47 Was der Weg dir schenkt

46:55 Mein Jakobsweg für zuhause

Ob du schon einmal gepilgert bist oder einfach neugierig, wie solche Erfahrungen zur Lebensqualität und Resilienz beitragen – diese Folge schenkt dir Inspiration, praktische Tipps und ganz persönliche Einsichten: Buen Camino!

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Transkript anzeigen

Nicola: Hallo, herzlich willkommen zurück beim Podcast zu Langlebigkeit. Unseren gemeinsamen Weg erfüllte schöne 100 Jahre und mehr zu erleben. Und ich komme von einem ganz besonderen Weg frisch zurück, nämlich vom Jakobsweg. Ja, ich bin pilgergewandert mit dem Ziel in Santiago de Compostela anzukommen. Und wenn du dich jetzt fragst, was hat das eigentlich mit Langlebigkeit zu tun? Genau darüber möchte ich gerne mit euch sprechen und meine Erfahrungen teilen der letzten Wochen. Denn eins kann ich euch versprechen. Der Weg des Pilgerwanderns, zeigt dir ganz genau auf, wo du stehst. Körperlich natürlich, aber auch mental genauso, wie es deiner Seele geht. Und das Schöne ist, er zeigt dir neue Wege auf, die deinem Leben vielleicht eine neue Richtung geben. Was ist jetzt der Unterschied erstmal von Wandern und Pilgerwandern? Also, wandern, das kannst du 10 Kilometer, andere wandern täglich 60 Kilometer. Der Unterschied ist ja, dass du es nicht ein oder zwei Tage machst, sondern über einen langen Zeitraum täglich. Und das macht einen riesen Unterschied, weil du dich ja nicht dazwischen immer wieder erholst, sondern es geht jeden Tag weiter. Und du wirst erstaunt sein. Ich war es auch. Also ich hatte schon ziemlich Muffesausen, ob das so klappen wird. Aber ich war wirklich erstaunt, wie regenerationsfähig mein Körper sein kann. Also wenn ich abends dachte, boah, jetzt geht gar nichts mehr. Und ich kann sagen, an Tag acht war das, glaube ich, da dachte ich, boah, morgen breche ich ab. Mir tut einfach alles nur noch weh. Und was war am nächsten Morgen? Hey, ich bin aufgestanden und hab gesagt, ey, let's go! Meine Blase war ausgetrocknet, mein Knie war wieder in Ordnung. Also erstaunlich, was so eine Nacht Schlaf mit dem Körper oder was der Körper mit einer Nacht Schlaf eigentlich so alles wieder reparieren kann. Außerdem merkst du, wie flexibel du noch bist, dich auf neue Tagesabläufe einzustellen. Also jeder hat ja zu Hause natürlich seine tägliche Routine. Die Sachen, die er daran liebt, die fangen morgens an und hören abends auf. ja, wenn du jeden Tag weiter wanderst und in einem anderen Bett schläfst, gehen viele Dinge eben nicht mehr. Und darauf stellst du dich ein und du merkst, hey, das ist gar nicht so schwierig, wie ich anfangs dachte. Und das dritte ist wirklich, dass du vielleicht auch mit Themen konfrontiert wirst auf diesen stundenlangen täglichen Wanderungen, mit Themen, von denen du vielleicht dachtest, die gibt es gar nicht mehr, oder Themen, die neu aufpoppen und die dir andeuten, guck da doch mal hin. Denn sobald du dich in den ersten Tagen damit auseinandergesetzt hast, wie sieht die neue Tagesroutine aus, wie kommt mein Körper eigentlich damit zurecht, also mit der Wundversorgung und allem Möglichen, dann beginnt eigentlich so diese mentale oder spirituelle Reise. Davon erzählen auch erfahrene Pilger vorab, die sagen, naja, man braucht so eine Woche, bis man sich so eingegroovt hat, weiß, wie die Tagesroutine aussieht. Und dann beginnt so langsam dein Geist auch dich mit neuen Gedanken zu füttern oder selbst neue Wege zu gehen, die dich oftmals wahrscheinlich ziemlich überraschen können. Das Gute an dem Jakobsweg ist ja, dass du dieses mehrtägige Wandern ja im vollen Leben machst. Also du gehst jetzt nicht irgendwo auf den Berg und weißt, du musst jetzt jeden Tag diese Strecke erreichen und diese Almhütte. sondern auf dem Jakobsweg, da läufst du ja durch Dörfer, durch Städte, natürlich viel durch Natur, aber es ist jederzeit ein Taxi irgendwo an der Ecke oder du kannst in Bus springen oder du kannst einfach sagen, ich mache jetzt mal eine Pause, sodass es dir wirklich einfach gemacht wird, ja mental vielleicht für den Start dir zu sagen, ja ich kann auch jederzeit abbrechen. Ehrlich gesagt war das auch ein Grund, ich auf den Vorschlag meiner Wanderfreundin, wir haben das zu zweit gemacht, eingegangen bin, den Jakobsweg zu laufen, weil wir beide gesagt haben, na ja, also wenn wir es nicht hinkriegen, nehmen wir Bus an den Strand und legen uns da in Portugal schön in die Dünen rein. Spoiler vorab, haben wir nicht gemacht, wir haben echt durchgehalten. Denn du merkst auch, du bist nicht alleine. Du kannst alleine bleiben, aber du hast auch die Möglichkeit, deine Pilgerwandererfahrung mit anderen Pilgern zu teilen, weil auf diesem Weg sind viele Menschen unterwegs und das Schöne ist, aus der ganzen Welt, also es ist wirklich auch sehr, spannend und interessant, die Geschichten der Menschen zu hören. Manche wollen sie erzählen, manche nicht, das liegt ganz in dir selbst. ob du da ins Gespräch kommen willst oder ob du sagst, nee, jetzt möchte ich eher allein vor mich hin wandern. Und du hast jederzeit die Gelegenheit dich auch zu belohnen. Also an erster Stelle erstmal das leckere Essen. Wir sind also den portugiesischen Weg gegangen, das heißt wir hatten ein leckeres Essen in Portugal und dann in Spanien, weil man ja dann auch die Grenze übertritt, bevor man in Santiago de Compostela ankommt. Du kannst dich Du kannst Massagen buchen. Du hast ja jede Möglichkeit in deiner Beherbergung von einfachen Herbergen bis zu 5 Sterne Hotels. Du wirst aber auch merken, dass es viele kleine Dinge gibt, die im Laufe des Tages passieren, die dir schon echt schöne Momente bereiten. Und natürlich hast du jeden Tag diesen Ansporn in dir. Also ich habe ihn zumindest gespürt, dass ich jeden Tag gesagt habe, wieder einen Tag geschafft. Also man zählt ja dann so die Tage mit. Deswegen kann ich ganz genau sagen an Tag 8, also das war mein absoluter, ich sag mal, schwierigster Tag und ab 9 bin ich ganz anders weitergelaufen. Du bist also mit einer Zufriedenheit unterwegs, die auch manchmal dir Glücksgefühle gibt von Dingen oder über Dinge, die du so gar nicht erwartest. Die gute Nachricht ist auch, es ist für jeden ein Weg dabei. Also wenn du mal auf die Landkarte guckst, wo Jakobs Wege sind, so unterscheiden die sich letztendlich in den Höhenmetern. Also wenn du Flachländer bist wie ich, dann könnte ich dir empfehlen, naja, also der portugiesische Weg, der ist echt gut machbar. Also da kommt man schon an seine Grenzen auch, aber man ist nicht permanent über seinen Grenzen und überfordert sich. weil eben die Höhenmeter nicht so hoch sind. Wenn du im Norden eher gehst oder den Primitivo oder den Inglis, der von oben von Englern drunter kommt, wenn du dann liest, jeden Tag so über 500 Höhenmeter zu durchlaufen, dann kannst du dir vorstellen, naja gut, ist das was für dich oder nicht? Du kannst das auch mit dem Fahrrad machen, das geht auch. Man kann seinen Hund mitnehmen. Ich habe nicht viele gesehen, aber es geht grundsätzlich und ich habe sogar gelesen, man kann es mit dem Pferd auch wandern. Ich weiß nicht, ob es da besondere Wege gibt. Also wir haben niemanden getroffen, der mit dem Pferd unterwegs war, aber grundsätzlich soll das wohl auch gehen. Der Weg ist das Ziel. Ich glaube, das ist das Wichtigste, was man von Anfang an... im Fokus haben sollte und sich darauf freuen sollte. Und wenn du ankommst, in dem Fall in Santiago de Compostela, dann bekommst du es auch offiziell zertifiziert, dass du erfolgreich gepilgert bist. Also ich bin da am 29. angekommen, aber dieses Zertifikat war für mich zum Beispiel überhaupt nicht wichtig. für Menschen, die natürlich sehr religiös sind und mit einem besonderen Anliegen. sich auf den Weg begeben, ist so eine, sag ich mal, offizielle Zertifizierung natürlich von der katholischen Kirche was sehr besonderes, stelle ich mir zumindest vor. Für mich viel wichtiger ist dieser Pilgerausweis, denn in diesem Pilgerausweis da ist nicht nur festgelegt, dass du offiziell als Pilger unterwegs bist, sondern du sammelst jeden Tag mindestens zwei Stempel. damit du zum Beispiel diese Zertifizierung überhaupt erhalten kannst. Für mich ist aber jeder Stempel und jeder Tag, der dahinter liegt, mit ganz besonderen Erlebnissen verbunden. Und von diesen Erlebnissen, von denen möchte ich dir jetzt gerne erzählen und ich versuche es mal in drei Themenbereiche aufzuteilen. Also erstmal was brauchst, also die Logistik und die Planung, sich auf den Weg zu machen? Was passiert eigentlich? wenn man auf dem Weg ist, wie sieht so eine Tagesroutine aus? Und dann auch nochmal darauf einzugehen, ja, was macht es eigentlich mit einem vom Kopf her und wie ist auch die Seele davon betroffen, wenn man da so über viele Tage mit sich alleine sich auf seinen eigenen Weg begibt.

Nicola: Was braucht es, loszuwandern? Nicht viel. Das sollte wirklich dein Fokus sein, wenn du drüber nachdenkst, was alles in deinen Rucksack soll. Also ich habe mir schon mal einen relativ kleinen Rucksack genommen, damit ich erst gar nicht drüber nachdenke, viel zu viel mitzunehmen. Wir sind also mit dem Ziel losgegangen, 10 Kilo zu bleiben. Denn dein Fokus sollte da drauf liegen. drüber nachzudenken, dass alles was du mitnimmst von deinen Schultern und von deinen Füßen getragen werden muss. Und wenn du dann wirklich Kilometer für Kilometer da läufst, merkst du jedes Gramm, was du zu viel mit dir trägst. für mich war zum Beispiel wichtig, dass ich einen warmen Schlafsack mit dabei habe. der ist dann schon... Selbst die Kleinen haben ja eine gewisse Größe, also das füllt schon ganz schön. Viele sind ja, ich zeige es mal, mit einem Baumwollschlafsack unterwegs. Mir hätte das nicht gereicht, weil zum Beispiel wenn Regentage kommen, die leider auch jederzeit und zu jeder Jahreszeit vorkommen, dann bist du froh, wenn du abends dich in einem warmen Schlafsack mummeln kannst. oder selbst Nächte in so dicken Klostermauern, die können ganz schön kühl werden, weil die ja für den Sommer, für die Heisentage gemacht sind. Und ich war sehr, froh, meinen dicken Schlafsack mitgenommen zu haben. Dann gibt es ja ganz viele Menschen, die inzwischen mit Wanderstöcken wandern. Ich war da eher skeptisch, habe mir aber auch welche besorgt und... An dem Tag, ich habe sie drei Tage ignoriert, dann habe ich sie als es ziemlich immer bergauf ging, mal benutzt und war dann doch sehr dankbar und dachte, ach ja, so blöd ist das gar nicht mit den Wanderstöcken. Mich hat einfach dieses Klick-klack-klick-klack immer genervt, was da auf dem Boden dann für Geräusche macht. Und in dem Moment, wo ich dachte, ach ja, ist doch echt gut mit Wanderstöcken zu laufen, sind sie mir geklaut worden. Und dann dachte ich... Das darf doch jetzt echt nicht wahr sein. Hab mir da aber zurückgelehnt und dachte, naja gut, der Weg nimmt und der Weg gibt. ich war dann doch ganz froh, freie Hände zu haben, denn mit den Wanderstücken ist man ja doch immer so ein bisschen unfrei. So habe ich mich zumindest gefühlt. Aber im Nachhinein würde ich sagen, ja bei der nächsten Wanderung nehme ich auch wieder in dem Fall dann neue Wanderstöcke mit. Die Schuhe sind natürlich super wichtig und ich habe mich dazu entschieden, apropos Kleidach-Rucksack und nur 10 Kilo, nicht nur ein richtiges Paar Wanderschuhe mitzunehmen, sondern auch noch leichte Sneaker-Wanderschuhe. Warum? Also ich habe sehr, naja ich sag mal, empfindliche Knöchel und knick gerne ⁓ und fühle mich einfach in diesen stabilen Wanderschuhen sehr viel besser. Was ich aber dann gemerkt habe ist, wenn es wirklich regnet, so richtig regnet, was immer mal passieren kann, dann sind die einfach das beste Utensil, trockene Füße zu behalten. Und wenn du dann noch eine Regenhose drüber hast, die den Schaft hier gut bedeckt, dann kannst du sicher sein, dass du trockene Füße behältst. Und bei den leichten Schuhen war ich froh, abends auch mal wechseln zu können. Also wenn du dann ankommst, dann willst du ja auch mal aus diesen rauskommen und dann kannst du die leichten anziehen. Oder als es dann wärmer und schöneres Wetter gab, war ich natürlich auch ganz angetan, dass ich mal so bisschen mit leichteren Füßen auch wandern kann. Denn das ist etwas, was dich permanent beschäftigen wird. Wie geht's meinen Füßen? Jeder kennt Erzählungen von ganz schlimmen Blasen oder sonstigen Verletzungen an den Füßen. Und ja, das kommt automatisch. Also man kann noch so sehr drauf achten. Ich habe mir extra so doppelte Socken zum Beispiel gekauft. Aber beim Einlaufen, schon vor dem Jakobsweg, habe ich da unter dem rechten Fuß schon die erste Blase bekommen. An derselben Stelle habe ich dann nach dem zweiten, dritten Tag an der linken Stelle dieselbe Blase bekommen und die ist immer größer geworden. Diese Blasenpflaster helfen schon echt viel. da wirklich gut ausgestattet was mitnehmen. Das was mich aber dann gerettet hat und das wäre mein absoluter Topfavorit für deine Packliste ist Wanderwolle. Also ich habe erst gelernt, dass es sowas überhaupt gibt und zwar, die ist jetzt schon recht verfilzt, weil die hatte ich in meinem Schuh drin, das ist Schuwolle. Das sind so lange Fäden und die kann man sich in den Schuh legen, bzw. vielleicht auch in die Wandersocke. Und was passiert ist, dass sich diese Wolle so an deinen Fuß angleicht, dass die Reibungen, ja eben nicht an deine Haut kommen sollen, sondern zwischen der Schuhewolle und der Socke stattfinden, sodass möglichst jede Blasenbildung auch vermieden werden kann. Ich habe es von einer sehr lieben holländischen Wanderfreundin bekommen und das hat mir echt meine ein, zwei Tage Schmerzen, glaube ich, wirklich vermieden. Welche Route gehst du? Also wenn du dein Wanderzeug gepackt hast, hast du ja schon im Blick, welche Route möchte ich eigentlich gehen. Wir haben uns, wie schon erwähnt, für den portugiesischen Weg entschieden. Zum einen, weil der innerhalb von zwei Wochen gut zu begehen ist, inklusive An- und Abreise. Also es ist ein zeitliches Limit ganz gut. Die anderen brauchen, wenn man sie wirklich durchlaufen will, mehrere Wochen oder Monate. Der zweite Grund war, wie schon erwähnt, auch, dass wir dachten, okay, wir können jederzeit entscheiden, komm, wir legen uns an den Strand, wir lassen diesen Selbstversuch, Pilger zu wandern, einfach bleiben und haben einfach einen schönen Urlaub. Und der dritte Grund ist auch wirklich, es ist eine wunderschöne Gegend. Ich glaube, dass das die anderen Pfade auch haben, aber wir sind in Portugal gestartet und dann hast du die Wahl, ob du an der Küste entlang hochlaufen möchtest, also immer am Meer entlang oder eben im Landesinneren den traditionellen Weg und Santiago de Compostela ist ja dann oben im Norden in Galicien, Spanien. Das haben wir gemacht. sind zwei Tage den Küstenweg gegangen, hatten wunderbare Erlebnisse an der Düne, am Meer, schöne Naturreservate, dachten aber dann, naja, aber noch weitere zehn Tage am Meer zu laufen, könnte vielleicht so bisschen abwechslungsreicher sein, wenn wir den landesinneren Weg nehmen. Sind zum traditionellen gewechselt. Und dann hat sich meine Wanderfreundin dazu entschieden, dass sie gerne den spirituellen Weg gehen möchte. Das ist so ein Schlenker kurz vor Santiago. Ich war eher vom Gefühl her, mein Bauch sagte mir, komm du gehst in traditionellen weiter. Wir haben uns also für paar Tage getrennt und haben uns dann wieder in Santiago getroffen. Was ich euch aus meiner Erfahrung, wie ihr seht, dass man sich auch von seiner Wanderfreundin trennt, eigentlich mitgeben möchte ist, bleibt einfach offen. Also ihr wisst ja, wo ihr starten möchtet und was euer Ziel ist. Und in den meisten Fällen ist es zumindest beim ersten Mal Santiago de Compostela. Aber dazwischen findet jeder seinen eigenen Weg. Und du wirst auch an den Tagesabschnitten merken, wie belastbar bist du. Bist du eher bei den 20 Kilometern, bei den 25 Kilometern oder bist du bei den 40 Kilometern? Da ist ja jeder anders trainiert. Wir sind eher bei den 20 bis 25 Kilometern gelandet und haben aber ansonsten jeder seinen eigenen Rhythmus gefunden.

Nicola: Wie sieht jetzt so eine Tagesroutine aus beim Pilgerwandern? Tja, die ist schon komplett anders als das, was man natürlich zu Hause in seinem eigenen Alltag hat. Nicht nur, dass man nicht arbeiten muss, sondern man ist ja permanent auf dem Weg. Also, du gehst morgens los. In der Regel dann wanderst du einige Stunden, bis du zu dem Zielort kommst, den du dir vorgenommen hast. Oder du sagst vorher schon da gefällt es mir besser oder ich kann heute nicht mehr weiter wandern oder du bist so energiereich und gehst noch eine Strecke länger. Auf jeden Fall brauchst du eine Herberge und wenn du da ankommst ist es ja nicht so, dass du dann alle 4 von dir strecken kannst, auch wenn du Lust dazu hättest, sondern dann geht es ja darum, dann hast du in der Regel echt Hunger und du musst deine Wäsche machen. wenn du mit... sieben bis zehn Kilo unterwegs bist, dann hast du so zwei Wandermonturen mit im Rucksack und dann wird eben abends erstmal alles gewaschen von Hand, damit es über Nacht bestenfalls trocknen kann oder du hängst es dann am nächsten Tag an deinen Rucksack, sodass du am nächsten Abend wieder eine frische Montur hast, mit der du dann am nächsten Tag wieder losgehen kannst. Und am Anfang der ersten Tage bist du einfach damit beschäftigt, dein Schlafen zu organisieren, dein Essen, weil du einfach merkst natürlich, brauchst Kraft und Energie für den Tag und im Zweifel auch mit etwas Wundversorgung, weil einfach schon die ein oder andere Schramme ja passieren kann oder eben eine kleine Blasenbildung sich bildet. oder du auf einmal Knieprobleme bekommst wie ich. Ich hatte noch nie Knie, aber nach sechs, sieben Tagen hat sich auch bei mir ein Knie gemeldet und da ist man einfach erstmal mit sich und seinem Körper beschäftigt. Und wenn man diese Routine drin hat, dann geht eigentlich der mentale Weg los. Aber diese Routine Die ist schon sehr unterschiedlich und auch ich habe mit meiner Wanderfreundin gemerkt, dass wir da anders ticken und dann haben wir uns darauf eingestellt. Also ich bin recht früh losgewandert und sie immer recht spät. Wenn man sich dann wieder treffen will, habe ich dann letztendlich eine längere Mittagspause gemacht oder bin schon früher bei der ausgesuchten Herberge angekommen und habe dort auf sie gewartet. Aber letztendlich sind wir tagsüber recht selten miteinander gelaufen, weil jeder so seinen eigenen Rhythmus entwickelt, wie schnell er läuft, wie viel Pausen er braucht. Ganz wichtig, man kann sich auch übernehmen und dann hat man eben die Knieprobleme abends. Auch das musste ich lernen. von der Herbergs-Auswahl ist es eben auch so. Wir haben versucht, nicht alles schon durch zu planen, sondern haben immer erst am Tag selbst die nächste Bleibe vorgebucht. weil wir dann doch wollten oder sicher gehen wollten, dass wenn wir da ankommen, dann auch ein Zimmer bekommen. Und die Auswahl da ist ja riesig. Also du kannst von der Klosterherberge, die im Zweifel gar nichts kostet, sondern nur von Spenden lebt, von privaten Herbergen und Pensionen bis zu kleinen Hotels oder 5-Sterne-Hotels haben. Also auch das ist ein Vorteil für Einsteiger, wie wir es auch waren. fanden wir, dass man eine Vielzahl von Herbergen da zur Auswahl hat. Und es gab schon Tage, da dachten wir, jetzt gönnen wir uns wieder mal ein eigenes Zimmer mit einem eigenen Bad, weil ansonsten in den Herbergen diese Schlafsäle sind. Und ja, ich weiß, in unserem fortgeschrittenen Alter kann man sich eigentlich gar nicht mehr vorstellen, mit so vielen anderen Leuten in einem Seil zu schlafen. Aber ich kann euch versprechen, wenn man den ganzen Tag gelaufen ist. dann ist man abends wirklich auch einfach fertig und mit guten Ohrstöpseln in den Ohren kannst du wunderbar schlafen. Da hörst du nichts von den Geräuschen, sondern dann ist es eher das Thema, dass du die ganze Zeit gucken musst, wie lege ich mich eigentlich hin, weil irgendwann schmerzt doch mal ein Arm oder die Hüfte oder die Knie und dann wirst du eher davon geweckt, wenn du dich wieder bewegt hast, dass das so bisschen unangenehm vom Liegen ist. Erstaunlich ist es trotzdem, dass man dabei regeneriert und deswegen ist dieses Schlafbedürfnis so durchdringend, dass du es auch in großen Schlafräumen irgendwie hinbekommst zu deinem Schlaf zu finden. Das Spannende ist ja auch, dass man bei diesen Herbergen, auch wenn man nicht in die Hotels geht, diesen Herbergen oftmals abends auch das Pilgeressen mit inkludiert wird oder extra angeboten wird. Und da kommt man sehr gut in Kontakt natürlich mit anderen Pilgern. Man trifft natürlich die Leute auch unterwegs, auf dem Weg, tagsüber. Aber abends, wenn alle so bisschen dann auch entspannt zusammensitzen, dann gibt es einfach tolle Geschichten, die da erzählt werden. Menschen, extra aus Chile oder Australien oder USA anreisen, sich auf diesen Jakobsweg zu begeben. Und das macht schon Spaß, sich mit den Leuten auch zu unterhalten. Nicht immer. Also manchmal möchte man einfach auch okay in seine Schlafkoje und dann ist das Gute, dass man meistens auch so ein Vorhang zuziehen kann, sodass man wirklich auch so bisschen Privatsphäre hat. Aber wir haben ganz unterschiedlich übernachtet. Wir hatten sogar mal das Glück, eine Privatunterkunft zu haben. Wir hatten einen Swimmingpool. Jetzt war noch nicht richtig das Wetter, dass draußen der Swimmingpool jetzt schon so warm ist. Deswegen dachten wir, naja gut, also theoretisch ist es schön. Praktisch wird es zu kalt sein. Und dann sagt uns die Hausherrin geht da ruhig rein. Der hat 28 Grad und wir so, was? 28 Grad? Ja, die hatte Photovoltaik und hat den für sich selbst und ihren Mann immer schön warm gehalten und ich kann euch sagen, das war am dritten Tag, also wo wirklich es beginnt, dass der ganze Körper dir zu brüllt, okay es ist zu viel, es ist zu viel und dann schwimmst du so langsam durch Wasser in 28 Grad Wärme. Ich kann nur sagen, es war gerade auch Osternzeit, also wir haben ein kleines Dankgebet auch an den lieben Gott weitergegeben, dass er uns diesen 28 Grad warmen Pool geschickt hat. War eine absolute Ausnahme, war totaler Zufall. Aber so ist es eben, wenn man sich so ein bisschen offen lässt, wo man übernachtet, auch spontan entscheiden kann, damit man die Strecken für sich auch passender machen kann, wenn du alles vorgetaktet hast. Deine Planung bis Santiago, die 10 oder 12 Nächte, dann ist das ja wie in deinem Alltag auch. Da ist ja auch alles durchgetaktet. Und das Besondere an diesem Pilgerwandern ist, dass du zwar weißt, wo du ankommen willst, aber wie du diesen Weg gehst, einfach auch individuell und von deiner Tageskondition auch abhängig zu machen, wie du planen kannst, das finde ich sehr, sehr große und schöne Freiheit eben an dieser Form von Reisen. Tja und dann nach der ersten Woche, wenn du diese Routine für dich definiert hast und wenn du merkst, dein Körper ist am nächsten Tag immer wieder bereit, also irgendwie du weißt, wie du ihn pflegen und hegen sollst, dann wird es spannend.

Nicola: Sobald du nämlich deine Tagesroutine so ein bisschen in den Griff bekommen hast und merkst deinen Körper einzuschätzen, dann wirst du offen für das, was dir der Weg sonst noch schenken kann. Also da muss man gar nicht einen religiösen Anspruch haben, ⁓ zu merken, dass dann die Gedanken anders beginnen zu fliessen wenn du so stundenlang vor dich hin wanderst. wenn du die Natur dich herum auf einmal mit einem anderen Blick auch genießen kannst, weil du nicht nur an deine Blase denkst oder an deinen Knie, sondern auf einmal siehst, wie wunderschön, wie sattgrün die Landschaft ist, wie dich immer ein Bach oder ein Fluss begleitet. ich liebe zum Beispiel dieses Wasserrauschen. Also es ist wirklich wie Meeresrauschen für mich gewesen und sowas macht mich einfach total glücklich. Und dieses kontinuierliche Geräusch zum Beispiel, das hat dann immer nach einer Weile, so nach ein, zwei Stunden Wandern, angefangen mich in einen Flow bringen zu lassen. Und dann steuerst du nichts mehr, sondern dann geben dir dein Gehirn oder deine seelische Ausstattung Themen mit auf den Weg. die du auf einmal mit einem neuen Lichter auch betrachten kannst. Mit etwas Ruhe, dem schönen Gefühl, hey, ich bin ja auf dem Weg, ich halte durch, ich kann auch meinen Körper vertrauen, der trägt mich weiter, selbst wenn ich immer wieder mal Schmerzen dabei empfinde. Aber letztendlich sind sie nie so stark, dass sie mich zum Aufgeben zwingen und die ganzen schönen kleinen Dinge, die dir auf dem Weg passieren. Bei mir zum Beispiel war das Neben der Natur, die mich so fasziniert hat und die Landschaft ist sowohl in Portugal als auch in Galicien wunderschön. Egal, glaube ich, welchen Weg du gehst, sowohl an der Küste als auch im Landesinneren, merkst du aber, es hängt mit den Menschen auch zusammen. Du bist nie alleine, aber im positiven Sinne. Aber du kannst alleine bleiben, wenn du Zeiten hast, du mit dir selbst fein genug bist oder du offen bist zu sagen, interessiert mich einfach, woher diese Familie kommt oder diese ältere Frau, die scheint über 75 schon zu sein und geht flotter mit ihren Wanderstöcken an dir vorbei, als dir lieb ist. Und dann kommt man eben auch ins Gespräch und ist offen. Weil alle sind ja erstmal mit demselben Ziel unterwegs. Und das ist eine Pilgergemeinschaft, dir auch Kraft geben kann. Selbst nur das Wissen davon, dass all die Menschen offen wären für dich, ein Gespräch zu beginnen. Selbst wenn du es nicht machst, gibt es dir Kraft. Zumindest diese Kraft habe ich ganz stark gespürt. Dann hast du auf diesem Pilgerweg, ja schon mehrere, ja, 100, 1000 Jahre alt ist, da haben sich ja die, ja, die Gläubigen davor viele, ja, ich sag mal Wegdenkmäler gesetzt. Natürlich findest du viele Kirchen, viele Kreuze. Du hast natürlich die Wegmarkierung mit dem gelben Pfeil, damit du auch weißt, wo du laufen sollst und dich hoffentlich nicht so oft verirrst, wie es bei uns auf der Fall war. Dann hast du aber auch die Einheimischen. Und die Einheimischen, sind wirklich so offen in den Blickes für die Pilger, dass sie oft dir andeuten, du musst da nochmal zurück, der Weg geht da hinten, biegt da ab und dann bedankst du dich kurz. Aber die rufen dir auch laufend zu, Camino, das ist so der gängige Brief, also wir wünschen dir einen guten Weg. Die hupen dir vom Auto aus oder wenn die Fahrräder an dir vorbeizwischen, selbst dann sind da die Sportler dabei und grüßen dich. das ist schon Wahnsinn, dass du merkst, mir wird nicht nur diese Landschaft geschenkt und diese Gemeinschaft an Pilgern, sondern auch die Menschen, da vor Ort wohnen und letztendlich auch Service und Dienstleistungen für dich am Weg bereitstellen, sind offen. für die Menschen, die sich auf diesem Jakobsweg begegnen. Die gehen dir nicht auf die Nerven. Natürlich verdienen sie auch Geld mit denen, aber da spricht auch nichts dagegen, denn es ist uns nichts überteuertes wirklich angeboten worden. Oftmals hast du auch in den kleinen Dörfern, wo dann kein Tante-Emma-Laden ist, haben Bauern oder sonstige Einwohner kleine Ecken eingerichtet. Da steht so ein Schild. Alles für einen Euro. Und dann gibt es da von der kleinen Flasche Bier sogar in einem Kühlschrank drin oder Limodosen. Eben auch eine Tüte schwarze Oliven oder in Salzlake eingelegte Bohnen, die als Snack unterwegs natürlich Hülsefrüchte dir wirklich nochmal so richtig Kraft geben. Gerade für die letzten Kilometer, die oftmals die schwersten sind am Tag. So ging es mir zumindest. Und solche Kleinigkeiten. Die geben dir was mit, was dir einfach so ein Lächeln aus Gesicht gibt. Und dann vergisst du vielleicht auch gerade deine Blase oder deine Rücken oder deine Knieschmerzen und erfreust dich einfach, wie offen die Menschen da vor Ort auf dich auch reagieren. Und natürlich ist vieles sehr religiös geprägt. Das ist es auch. Es ist erstaunlich. Von den Spaniern wusste ich es schon. von den Portugiesen nicht, wie gläubig auch wirklich die Portugiesen und Spanier noch sind. Ich sage jetzt mal im Vergleich zu uns. Das durften wir zum Beispiel über Ostern miterleben. Da sind wir durch die kleinen Dörfer gelaufen und haben uns immer gefragt, was sind denn da für Blüten auf den Wegen verteilt. Und die haben aber die Häuser markiert, damit der Priester mit seiner Entourage wusste, welches Haus von ihm gesegnet werden möchte, also den Osterssegen haben möchte. Und dann haben wir diese Prozession zum Teil wirklich in den Dörfern miterlebt, dann wird viel gesungen und meine Wanderfreundin Antje und ich, singen beide gerne und haben da oftmals mitgesungen oder die haben durch den Lautsprecher das dann durch das Dorf auch oftmals tönen lassen, also was wir total als ungewohnt empfinden. Aber auch da waren Lieder dabei, die wir irgendwie kannten. dann haben wir da mitgesungen und sind fröhlich unseres Weges gegangen. Und das hat uns geholfen, diese Wanderung an dem Tag auch leichter und besser für uns auch nehmen zu können. Es sind Feste gefeiert worden in den kleinen Dörfern und man wird automatisch eingeladen. Oder man bekommt etwas angeboten. Meistens kann man es gar nicht annehmen, weil man es nicht tragen möchte oder gerade keinen Hunger hat oder eben auch gerade nicht die Zeit hat, weil man irgendwie auch ankommen möchte an seiner Herberge. Der Tag hat ja dann doch nur 24 Stunden und man weiß dann schon, was ich noch alles zu erledigen habe. Aber es sind wunderbare Gesten, die einen dann schon nochmal darüber nachdenken lassen. Wie sieht es denn eigentlich in meinem Alltag aus? Wie gehe ich durch die Straße? Also grüßen wir uns noch in der Stadt? Oder ist nicht schon allein ein Lächeln eigentlich etwas, was mir den ganzen Tag irgendwie verschönern kann von einer Person, die mir einfach auf der Straße nur so begegnet ist? Also diese grundsätzliche Freundlichkeit, die ist etwas, was einem ja mental auch irgendwie nicht nur berührt, sondern nochmal anders drüber nachdenken lässt, wie sieht es denn in meinem Alltag zu Hause damit aus. letzte Nacht vor dem Ankommen in Santiago. Die habe ich bewusst noch mal paar Kilometer vor Santiago verbracht, ich bin so ein Mensch, ich habe es bis zum Schluss nicht hinbekommen, dass ich die letzten Kilometer an jedem Tag, die fand ich immer ganz schrecklich. Also ich habe richtig gemerkt, ich habe manchmal schlechte Laune bekommen. und hat mich dann über mich selbst geärgert. Und ich habe irgendwie keinen Weg gefunden, da loslassen zu können. Und dann dachte ich, na ja, wenn du mit diesem Gefühl dein Ziel Santiago dann erreichst, dann finde ich das richtig blöd. Also habe ich beschlossen, dass ich ein paar Kilometer vor Santiago nochmal die letzte Nacht verbringe, dann morgens mit frischen Füßen, frischen Kopf und einer gut gelaunten Seele dann auch mein Ziel erreichen kann. Und diese letzte Nacht, war in der Herberge, das war eine sehr moderne Herberge, also ganz toll ausgestattet, aber dann komme ich da an, dann sagen die schon, ja, also du musst leider dunkel duschen. Und ich so, wie dunkel duschen, ja, wir haben kein Licht. Und du musst übrigens auch Cash bezahlen. Und ich so, ja, aber ich habe doch über Internet schon bezahlt, ja, nee, wir haben keinen Strom. Dann ist es so wie kein Strom, kein Licht. Und da habe ich an diesem Tag erst erfahren, dass es ja in ganz Spanien und Portugal diesen Stromausfall gab. Also den ganzen Tag bin ich da fröhlich durch die Landschaft gelaufen, war davon nicht betroffen, außer dass mir dann eingefallen ist, ach da hat auch jemand gesagt, es gibt keinen Kaffee, weil er keinen Strom hätte. Im Nachhinein war mir das dann klar. Und an der Rezeption eben von der Herberge Als sie mir das dann gesagt haben, das hat so eine Stimme von mir, von hinten auf Spanisch. Naja, das kenne ich schon aus Kuba. Das ist nicht so schlimm. Und gut, ich spreche Spanisch und dann drehe ich mich so um und da ist da eine ältere Dame, die war bestimmt schon 75, tratig, braun gegerbte, sonnengegerbte Haut mit einem Rucksack und Wanderstücken und lacht so. Und dann dachte ich, wow. wie Kuba Kettenstrom geht es uns jetzt genauso, sagt sie, ja ist nicht so schlimm, das kriegen wir schon hin. Und so war es dann auch. Also wir haben den Abend ohne Strom verbracht, ich konnte im Dunkeln duschen, ohne Probleme. Es ging dann nur zum Beispiel auch ums Essen. Dachte ich, naja, dann muss ich jetzt nochmal gucken, wo ich was zu essen bekomme. Die Supermärkte hatten aber geschlossen, weil die ja Strom brauchen, ⁓ die Türen auf und zu zu machen. das Kassensystem laufen zu halten. Man konnte sowieso an dem Abend nur alles in bar bezahlen, weil ja keine Karte mehr funktioniert hat. Dann dachte ich so, zum Glück habe ich meine Powerbank dabei, dann habe ich zumindest Strom, weil dieses Smartphone, ja, man braucht es einfach, ⁓ auch oftmals den Weg zu finden. Da gibt es so gute Apps eben, die ... die Details vom Weg dann auch aufzeigen oder wo die nächste Herberge ist. Also man ist da schon nicht verloren, aber wesentlich unkomfortabler unterwegs, wenn man nicht auf sein Smartphone zurückgreifen kann. Die Buchungen werden darüber gemacht. Also wir wissen, wie abhängig wir in unserem Leben von diesen kleinen Dingen sind. Man hatte zwar noch Strom, aber war ansonsten ja nicht mehr brauchbar. Dann dachte ich, jetzt laufe ich mal los und gucke, wo ich doch noch was zu essen bekomme. Und siehe da, eine kleine Bar an der Ecke. Hab da noch ein andere Pilger sitzen sehen, die ich schon von den Tagen davor kannte. Und da meinte der Barbesitzer, er kocht mit Gas. Also ich könnte alles von der Karte haben, was er da hat. Und so haben wir da einen wunderbaren Abend verbracht. Zumindest alle, die Cash hatten und die, kein Bargeld mehr hatten. Da haben wir uns gegenseitig wirklich ausgeholfen in dem Vertrauen darauf, naja, wenn wir uns in Santiago wiedersehen, dann kriegt man das Geld auch wieder zurück. Ja, und das sind Erlebnisse, die Gefühle zurückbringen, die ich zumindest in meinem Alltag gar nicht mehr so oft habe. wo ich dachte... Das gibt schon so viele kleine Glücksmomente, dass diese Hilfsbereitschaft zu sehen, diese Offenheit oder den offenen Blick beim anderen zu sehen, was braucht er vielleicht gerade, kann ich ihm eine Hand reichen mit etwas, was ihn gerade seine Situation auch erleichtert. Ja, das ist etwas, was meine Seele sehr berührt hat und wo ich auch für meinen Alltag hier jetzt wieder gerne mitnehmen möchte, da auch wieder mit. Offeneren Blick zum Beispiel durch die Straßen zu laufen und vielleicht für die Glücksmomente aber auch für die sorgenvolle Momente von anderen Leuten wieder ja, bewusstere Achtsamkeit an den Tag zu legen. Und ja, und dann läufst du da in Santiago ein natürlich. Man muss wirklich nicht gläubig sein. Also ich bin jetzt Katholikin, ich bin im Bayerischen Wald groß geworden mit dem Glauben. ich praktiziere ihn für mich, ich brauche nicht die großen Gesten, aber wenn du dann vor dieser großen Kathedrale in Santiago stehst und ich bin wirklich morgens dann losgelaufen im Dunkeln, also habe fast den Weg nicht gefunden, war froh, dass ich die Taschenlampe an meinem Smartphone nutzen konnte, jetzt nicht noch blöd aufs Schnäuzchen zu fallen über das Groll, was da auf dem Waldweg noch lag. und bin dann in eine Stadt eingelaufen, die selbst gerade noch nicht wach geworden ist. Also die Morgensonne hat die Kathetraltürme angestrahlt. Es war so gut wie niemand auf den Straßen unterwegs. noch kein Café war offen. Also nichts hat meine Freude. Diese letzten acht Kilometer mit leichten Herzen, ohne Schmerzen, mit klarem Kopf. und Vorfreude auf das Ziel angehen zu können. Und dann stehst du auf diesem riesen Platz. Es waren ganz, ganz wenige andere Pilger mit mir auch schon da. ja, man guckt sich einfach an und jeder weiß ja, was der andere für Tage hinter sich gebracht hat. Und man ist einfach sehr stolz auf sich selbst, sehr demütig und zufrieden, dass man es geschafft hat, dass die Sonne scheint, das blaue Himmel ist. dass man sich erfreuen darf. ja, auch in der Pilgermesse, die da täglich natürlich stattfindet, konnte man sehen, dass wahrscheinlich nur der kleinste Teil der Menschen wirklich religiös motiviert waren, aber doch alle davon beseelt waren, das Ziel erreicht zu haben und in einem so schönen und ja, alten... Geschichte ausstrahlendem Gebäudes sitzen zu dürfen und diese Messe zu lauschen, die selbst wenn man die Sprache versteht, in dem Fall Spanisch, doch eher so auch meditativen Charakter für einen hatte, weil viele Gedanken nochmal Revue passiert sind. Was war denn jetzt die letzten Tage? Und wow, ich hab's wirklich geschafft. Ich sitze hier, mein Knie tut gar nicht mehr so weh, meine Blase ist verheilt und ja. Ich kann jetzt wieder mal ausschlafen und muss jetzt nicht die nächsten 20 Kilometer laufen. Auch das ist ja dann ein schönes Gefühl der Erleichterung. Ja, und dann geht man, wenn man möchte, noch eben zu diesem Pilgerbüro und holt sich das Zertifikat. Ich wollte es erst gar nicht holen, weil ich dachte, ich bin nicht wegen diesem Zertifikat gelaufen. Dann haben mir andere Pilger gesagt, bist du wahnsinnig, das musst du holen, weil, stell dir vor, damit sind all deine Sünden der Vergangenheit auf Null gesetzt. Also einmal Reset einer großen Beichte, die allein durch diesen Pilgerweg von mir ermöglicht wurde. Also da dachte ich selbst als gläubige Katholin, naja gut, also man kann da dran glauben, aber klar. dann hole ich mir das Ding jetzt auch mal. Aber selbst da in der Schlange zu stehen mit den anderen Pilgern und sich noch mal kurz zu unterhalten, von welchem Weg bist du denn gekommen und wie mühsam war es denn da im Norden mit diesen 500 bis 1000 Höhenmetern, die man da täglich erledigen muss oder von denen, die den Küstenweg weitergegangen sind, erzählt haben, der war wunderschön. Also das wäre auch noch mal so ein Weg, wo ich dachte, ja, da würde es sich noch mal lohnen. eben zurückzukommen. Und das sind Erfahrungen, die man dann mit anderen Pilgern teilt. Und wenn man möchte, gibt es auch noch ein wunderbares Pilgermuseum direkt an der Kathedrale, wo so ein bisschen die Geschichte dieses Jakobsweges erläutert wird auf eine sehr kurzweilige, ansprechende nicht auf Religion nur abzielende Weise, also das kann ich sehr empfehlen da nochmal reinzugehen, weil man da nochmal gewisse Dinge, die man auf dem Weg da auch gesehen hat, nochmal besser verstehen kann oder sich denkt so, ach ja schau mal, das muss ich mir das nächste Mal nochmal genauer ansehn.

Nicola: Ihr merkt wahrscheinlich schon an meiner Begeisterung, es ist nicht mein letzter Jakobsweg gewesen. Ich habe eher das Gefühl, es ist erst der Anfang meines Weges. Das Schöne ist, jeder kann jederzeit den Jakobsweg laufen, zu Hause. Also wenn du mal auf die Deutschlandkarte guckst, dann gibt es ganz viele Wege hier in Aachen oder in meiner bayerischen Heimat. läuft er auch aus Norddeutschland runter. Es gibt ja viele Zubringerwege, die alle ja dann das Ziel haben, irgendwann in Santiago de Compostela zu enden. Und wenn man da jetzt einmal war wie ich, ich habe gar nicht das Gefühl, dass ich jetzt dauernd in Santiago enden muss, sondern dass man auch hier jederzeit ein, zwei, drei, vier, fünf Tage auf einem Jakobsweg verbringen kann. Ich bin zum Beispiel sehr gespannt, ob eigentlich auch diese Pilgerstruktur mit Herbergen und so weiter dann auch an diesen Wegen gibt. Und so kann man durchaus mal an dem Wochenende oder einem verlängerten Wochenende sich da schon mal auf dem Weg begeben. Zum einen ist es ein sehr gutes Training. Also ich bin hier immer am Rhein als Vorbereitung gelaufen. War halt flach. Also insofern war es von der Strecke natürlich schon mal. ein gutes Training, aber man hat halt keine Höhenmeter dabei gemacht. Man bekommt aber ein Gefühl dafür, wie viel es sind, 10 Kilometer, wie viel es sind, 20 Kilometer und lernt sich so bisschen einzuschätzen, sodass man vielleicht schon mit ein bisschen sichererem Gefühl sich dann auch auf den Jakobsweg begibt, den man mehrere Wochen laufen möchte. Aber ich finde es eben auch ein schönes Gefühl, jederzeit wieder in diese Pilgerwandererfahrung eintauchen zu können, wenn ich möchte, ohne großen Aufwand. Ich pack einfach meinen kleinen Rucksack. Ich weiß ja inzwischen, was ich brauche und was ich zu Hause lassen kann und kann da einfach von Düsseldorf aus loslaufen oder mich irgendwo in den Bus setzen und zu der nächsten Etappe letztendlich fahren. Also ist doch eine schöne Gelegenheit vielleicht auch für Einzelne von euch, die jetzt Lust bekommen haben und sagen, hey, ja, also... Ein erfülltes Leben, ein gesundes Leben hängt zum einen natürlich mit meiner körperlichen Fitness zusammen. Die bekommst du auf jeden Fall bei diesem Wandern. Du merkst auch, wie du wieder gut regenerieren kannst oder ob dein Körper wieder gut regenerieren kann. Du merkst aber auch eben, dass es gar nicht so schwer ist, loszuziehen und dass es der Jakobsweg einfach macht. es auch alleine anzugehen oder eben mit Freunden Freundinnen, Partner, Partnerinnen. Da würde ich nur raten, lasst euch ein bisschen offen, dass jeder seinen eigenen Rhythmus auch finden kann. Also man muss sich 24 Tage, 24 Stunden am Tag dann miteinander verbringen. Aber auch all das kann man jetzt eigentlich hier zu Hause schon mal ausprobieren und üben und sich dann überlegen, wie viele Höhenmeter traue ich mir zu. welcher Jakobsweg kommt für mich in Frage und wie viel Zeit habe ich auch zur Verfügung, die Wegstrecken zu gehen. Also wir haben zum Beispiel, ich habe zwei, Franzosen und einen Chilean, die haben sich letztes Jahr dort getroffen und die haben sich dieses Jahr verabredet, hatten aber nur fünf Tage Zeit. Das heißt, die sind die Hälfte des portugiesischen Weges gegangen. und sind dann wieder abgereist und haben gesagt, die zweite Hälfte wollen sie gemeinsam im Herbst machen. Also ihr seht, man kann auch etappenweise sich selbst an Santiago rantasten oder eben so wie wir das, wie ich das gemacht habe, dass man sagt, okay, man geht einmal in einen kürzeren Weg und hat dann das Ziel Santiago de Compostela damit auch schon mal erreicht und kennengelernt und kann aber dann... In Folge jede ex-beliebige Etappe, die einem über den Weg kommt oder die man spannend findet, auch von zu Hause einfach angehen und etappenweise übers Wochenende, auch über wenige Tage, auch sich erfreuen und in diese Pilgerwanderung eintauchen. Ich bin meiner Freundin sehr, dankbar, dass sie mich überhaupt auf die Idee gebracht hat, diesen Jakobsweg zu gehen, es uns zuzutrauen. Wir haben es uns einfach gemacht, finde ich, indem wir zugelassen haben, auch übers Scheitern nachzudenken und uns das offen zu halten. Das war für mich persönlich eine Erleichterung, das zu wissen. Und wir waren aber beide sehr erstaunt über uns selbst, wie man in diesen Weg eintaucht und dann auch ja in der Lage ist, ein bisschen über sich selbst hinaus zu wachsen. Und dieses Gefühl, ich kann das, ich kann das durchhalten, ich kann meinem Körper vertrauen, ich werde mental stärker und bekomme eine neue Offenheit für neue Richtungen und für neue Wege, die im Leben auch noch für mich möglich wären. Das ist für mich ein großer Teil dessen, was es ausmachen wird. gutes, gesundes, erfülltes und hoffentlich langes Leben leben zu können. Und deshalb dachte ich, ich erzähle euch einfach meine erste Erfahrung. Es war ein längerer Selbstversuch und für mich war es wirklich erst der Anfang und noch gar nicht das Ende meiner Erfahrungen zum Jakobsweg. Ich hoffe, ich konnte euch so ein bisschen Freude vermitteln, darüber nachzudenken, vielleicht auch zu versuchen. Wenn ihr Fragen habt, dann gerne in die Kommentare. Klar, gebe ich gern alles weiter, was ich euch beantworten kann. Und ansonsten sage ich, buon camino, ich freue mich aufs nächste Mal, eure Nicola.

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